Future Forms Einzelausstellung Katerina Teresidi

Kunst.Galerie.Waldviertel, Moritz-Schadek-Gasse 23, 3830 Waidhofen an der Thaya. Leiterin: Galeristin Mag.art Manuela Dumendzic

Vernissage: 14.02.2025 um 19 Uhr
Dauer: bis 28.03.2025
Öffnungszeiten und Kontakt zur Galerie:
Mi, Do und Fr: 15:00 – 19:00 Uhr
Moritz-Schadek-Gasse 23
3830 Waidhofen an der Thaya
info@kunst-galerie-waldviertel.at
www.kunst-galerie-waldviertel.at

Mit schnellen Schritten eilen wir einer vielseitigen Zukunft entgegen, welche es gilt, im gemeinsamen Dialog auszuloten und zu gestalten, wobei aktuelle Tendenzen aufgezeigt und kritisch beleuchtet und hinterfragt werden dürfen. Innovationen treffen auf politische und soziale Umwälzungen, die Suche nach Orientierung im religiösen und spirituellen Sinn, sowie ethische Fragestellungen gewinnen an Wertigkeit in einer zunehmend unsicheren Zeit.

Das Œuvre der Künstlerin Katerina Teresidi lädt in seiner Gesamtheit ein, in einen kontemplativen Reflexionsprozess zwischen Gegenwart und Zukunft einzutauchen und die Wahrnehmung der sichtbaren Realität um die Tiefen unbewusster Prozesse zu erweitern.

Fotografien der Vernissage: Felix Öller und tanisbutton
Fotografien der Galerieansicht: Katerina Teresidi

Redebeiträge

Bürgermeister Josef Ramharter

Sehr geehrte Frau Mag. Dumendzic, liebe Manuela, liebe Frau Mag. Teresidi,

Liebe Kunstinteressierte, Geschätzte Damen und Herren!

Kunst hat die bemerkenswerte Fähigkeit, Fragen zu stellen, Denkanstöße zu geben und Debatten anzuregen – gerade in einer Zeit, in der sich unsere Gesellschaft rasant verändert und mit Herausforderungen konfrontiert sieht, die weit über den Horizont des Einzelnen hinausgehen.

Die Werke von Katerina Teresidi greifen hochaktuelle Themen auf, die uns alle betreffen: die Verschmelzung von Technologie und Biologie, ethische Fragestellungen, aber auch den tief verwurzelten menschlichen Wunsch nach Selbstverwirklichung, Spiritualität und Heilung.

Die digitale Revolution und der Fortschritt in der Biotechnologie stellen uns vor eine entscheidende Frage: Was bedeutet es, Mensch zu sein? Sind wir lediglich biologische Maschinen, die optimiert werden können, oder gibt es eine tiefere Dimension unseres Seins, die durch Technik nicht erfasst werden kann? 

Während Fortschritte wie genetische Manipulation faszinierende Möglichkeiten eröffnen, werfen sie gleichzeitig tiefgreifende ethische und soziale Fragen auf. Wollen wir wirklich in eine Welt eintreten, in der Menschen durch künstliche Intelligenz verbessert oder gar ersetzt werden? Wo liegt die Grenze zwischen Fortschritt und maßloser Selbstüberschätzung?

Die Kunst von Katerina Teresidi zeigt uns nicht nur, wohin diese Entwicklungen führen könnten, sondern lädt uns auch dazu ein, innezuhalten und darüber nachzudenken, welchen Weg wir als Gesellschaft einschlagen möchten. Kunst hat die Kraft, Wissenschaft und Ethik zusammenzuführen, uns über bloße Fakten hinaus emotional zu berühren und uns so in einen tieferen Dialog über unsere Zukunft zu führen.

In einer Welt, die zunehmend fragmentiert erscheint – sei es durch politische Polarisierung, soziale Ungleichheit oder die Überforderung durch technologische Entwicklungen –, gewinnt ein ganzheitlicher Ansatz an Bedeutung. Das bedeutet nicht nur, Körper, Geist und Seele in Einklang zu bringen, sondern auch Wissenschaft, Ethik und Kunst als ein zusammenhängendes Ganzes zu begreifen. Nur wenn wir Brücken schlagen zwischen diesen scheinbar getrennten Bereichen, können wir eine Zukunft gestalten, die sowohl innovativ als auch menschlich bleibt.

Die bei dieser Vernissage gezeigten Werke von Mag. Teresidi sollen zu Diskussionen anregen und uns veranschaulichen, dass die Zukunft nicht vorherbestimmt ist – sie entsteht durch unsere Entscheidungen, unser Handeln und unsere Werte. Lassen Sie uns diesen Abend nutzen, um gemeinsam in den Dialog zu treten, neue Perspektiven zu gewinnen und vor allem: mutig zu denken.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen eine inspirierende Vernissage!

Ich wünsche Ihnen viele Erfolg mit Ihrer Ausstellung!

Herzliche Grüße

Josef Ramharter
Bürgermeister

Evangelische Pfarrerin Mag. Dace Dišlere – Musta

Liebe Katharina, lieber Herr Bürgermeister, liebe Festgäste!

Mit großer Sicherheit hat jeder von uns heute wenigstens einmal in den Spiegel geschaut. Vielleicht sogar unbewusst, weil die meisten Spiegel in unserer Umgebung so ausgerichtet sind, dass wir fast aus Versehen den Blick auf unser Äußeres werfen können. Das ist die kleine, sorglose Überprüfung, ob die Welt noch in Ordnung ist, ob der Lippenstift sich auf den Lippen und nicht auf den Zähnen befindet, ob die Krawatte schön glatt sitzt, ob wir den richtigen Eindruck hinterlassen.

Immer wieder gibt es längere Betrachtungen im Spiegel. Wie in deinen Bildern, liebe Katharina, in denen du Menschen vor dem Spiegel gemalt hast. Was sehen diese Menschen?

Ein unvollkommenes Wesen, bei dem alles nach Optimierung schreit oder einen wunderbaren Menschen, der nach Gottes Ebenbild geschaffen ist. Ein wunderbares Wesen aus dem ein besonderes, beruhigendes Licht strahlt trotz Scherben, Kriege und Dramen des Lebens.

Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Auch die Unvollkommenheit. Immer besteht die Wahl, was ich sehe. Doch unheimlich stark redet auf mich die Stimme des 21. Jahrhunderts ein – und ich fange an, an mir Defekte zu sehen, die weder ein liebender Mensch neben mir, noch mein Kind, noch mein Hund oder Pferd wahrnehmen könnten. Meine Defekte bekommen komplizierte Namen und einen Haufen von Lösungsangeboten. Sinnvoll scheint es nicht, aber aufregend, jedenfalls für den Hund, der nun meine Unzufriedenheit riecht. Und vielleicht riechen das auch die Menschen. Weil Unzufriedenheit hat einen starken Geruch – nach Schweiß, Stress und Tränen. Und vielleicht spürt mein Kind meine Unzufriedenheit und fragt, warum ich es nicht geschafft habe es zu optimieren. Ein unperfektes Kind – das gibt es doch im 21. Jahrhundert nicht, oder?

Ein unoptimiertes Wesen in einer unoptimierten Welt schaut mir im Spiegel entgegen, sobald ich es länger betrachte als nur um mich zu vergewissern, dass die Welt in Ordnung ist, dass der Lippenstift oder die Krawatte sitzen und der Eindruck Ok ist. Jedenfalls mit den Augen des 21. Jahrhunderts halbwegs ok.

In einem deiner Bilder steht eine Frau nackt vor dem Spiegel: der Zeit, der Veränderung und der Unvollkommenheit ausgeliefert. Es kostet unheimlich viel Kraft so vor dem Spiegel zu stehen und die Unvollkommenheit auszuhalten. Je unerträglicher sie wird, desto stärker werden die Lichtblicke dazwischen. Als würde ein Leuchtturm in seinem aufdringlichen Drehen auf die Frau einwirken und etwas in ihr lebendig machen, was da schon seit Anfangen war. Die Liebe zu ihr selbst.

Die kurze Ahnung, dass die Worte – Gottes Ebenbild – gar nicht so leer und abgedroschen sind, als das trendig zu behaupten ist. Dieses Gefühl kommt ungeplant. Vielleicht ist es ja nur die Konsequenz meines unoptimierten Ichs.

Aber das Licht schimmert und blitzt. Und macht Schatten. In meinen Gedanken.

Spr 27,19 Im Spiegel des Wassers erkennst du dein Gesicht und im Spiegel deiner Gedanken erkennst du dich selbst. – Sagt ein Wort aus der Bibel, der Heiligen Schrift der westlichen Welt.

Ein Text, der uns etwas erläutern sollte, wenn wir ihn lesen würden.

Gelingt es mir so in den Spiegel zu schauen, dass ich mich selbst erkenne? Welche Spiegel reflektieren mir meine Gedanken und helfen mir dadurch bei mir selbst anzukommen, in der Existenz in der es blitzt und schimmert und dunkelt und ein Durcheinander des Lebens und der Liebe herrscht.

So ein Spiegel kann für mich Kunst sein, wenn sie die aktuellen Themen der Gesellschaft aufgreift. Unabhängig von meinem Willen, bin auch ich in diesen Themen verstrickt. Und immer wieder glaube ich, dass mit etwas mehr Mühe ich besser sein, zum Beispiel, schneller denken, ohne Akzent reden oder besser aussehen könnte.

Ich glaube. Schon wieder. So viel muss ich glauben. An den technologischen Fortschritt, der alles besser macht, an das nie aufhörende Wachstum. Und zunehmend versage ich als Mensch gegenüber den Technologien. Jedenfalls – ich glaube das. Oder muss das glauben.

Und sicher haben all diese Worte, die ich gerade eben gesagt habe, wenig mit einer perfekten Rolle der Pfarrperson zu tun. Trotzdem dürften sie vieles mit mir als Menschen, als Frau, die aus Leidenschaft Pfarrerin ist, zu tun haben. Als den glaubenden Menschen, der genauso wie das Ebenbild Gottes auch den Zeitgeist in sich trägt, der die Hoffnungen, Zweifel und Sorgen mit anderen Menschen im direkten Sinne des Wortes teilt. Manchmal stelle ich mit großem Schreck fest, dass die optimierte Welt und der optimierte Mensch sich unglaublich schwer tut im Spiegel das Blitzlicht des Göttlichen wahrzunehmen. Es fehlt ihm die Phantasie die Orte des Trostes und des Segens aufsuchen und den Mut zur Unvollkommenheit in sich zu finden.

Ist aus dem Ebenbild Gottes der Homo Deus mit Worten Harrari entstanden? Der Übermensch des 21. Jahrhunderts, der in seinem Spiegelbild eher den technologischen Fortschritt als das Ebenbild Gottes sieht? Der neben Ersatzgelenken mit 90 auch ein Gesicht eines jungen Menschen trägt. Als Hologramm oder in Echt, als Filter oder als Maske.

Was bewirkt in diesem Menschen ein Gespräch mit einem KI Jesus aus einer Jesus App? Ist das tröstlich, ist das kirchlich, ist das religiös?

Vielleicht ist das ein Zeitvertreib mal mit einem KI Gott zu sprechen. Wer perfekt ist, braucht kein Gegenüber und dann bleibt viel Zeit übrig. Doch das Licht schimmert durch die Zeit und sucht und sucht, wo es vielleicht unerwünscht oder mindestens unerwartet eine Lücke findet, wo es etwas Schatten machen könnte. Und dann fängt ein Spiel an. Ein Schattenspiel. Und es wird Licht. Und es wird leicht. Dort, wo das Licht durch die Zeit schimmert, kommt die Leichtigkeit von alleine. Wie durch die Spalten einer alten Holztür, die aus Brettern von einer Hand vor langer Zeit sorgfältig zusammen gehämmert wurde und heute nichts mehr von der Perfektion kennt. Das Licht schimmert durch die Zeit. Auch für den Homo Deus des 21. Jahrhunderts.

Diese Hoffnung schimmert durch deine Bilder, liebe Katharina, deine gesellschaftskritische Stimme ist voller Liebe zu Menschen, die im Raum und Zeit leben. Und dann ist schon alles geschehen – die Hoffnung ist geboren – durch deine Hand, durch deine Kunst, durch deine ganz besondere Ausdrucksform.

Ich gratuliere dir zu deiner Ausstellung hier in Waidhofen.

Mag. Dace Dišlere – Musta
Evangelische Pfarrerin

Konzertpianist Philipp Kronbichler

Sehr geehrte Damen und Herren,
Wenn ich die ausgestellten Bilder an den Wänden betrachte, dann sehe ich vor allen Dingen eine kraftvolle Warnung. Fragen tun sich auf bei ihrer Betrachtung: Wie wahrscheinlich ist eine in diese Richtung gehende Dystopie? Wie kamen wir an diesen Punkt? Wie vermeiden wir ein solches Szenario? Können wir es überhaupt noch vermeiden? Und noch ein paar ketzerische Fragen hintendrein: Müssen wir es überhaupt vermeiden? Wollen wir es überhaupt vermeiden? Handelt es sich bei der Erfüllung transhumanistischer Ideale nicht vielmehr um eine Utopie, um eine mögliche Lösung heute drängender Probleme?
Lasst uns an dieser Stelle vielleicht einen Schritt zurücktreten und einen Blick werfen auf die Entwicklungen, die uns überhaupt erst hierher geführt haben. Denn wir alle, die wir hier sitzen, sind Teil und als solcher geprägt von einer Kultur, die ab einem bestimmten Punkt begann, sich deutlich von allen anderen vergangenen und existierenden Kulturen auf der Erde abzusetzen. Soweit heute bekannt, war das Weltbild jeder bisherigen Kultur ausnahmslos ein religiöses bzw. spirituelles (Götter, Engel, Himmel, Hölle, Dämonen, spirituelle Hierarchien und hierarchisch gestaffelte Daseinsebenen und Zeitzyklen).
Es gab/gibt nur eine Ausnahme: die abendländisch-europäische Kultur, die über das letzte halbe Jahrtausend ein wissenschaftliches Weltbild entwickelt hat, während sie ihr altes religiöses Weltbild als ein sekundäres zwar beibehielt, allerdings kaum mehr weiterentwickelte oder verfeinerte.
Dieses primäre wissenschaftliche Weltbild erfuhr eine weltweite Verbreitung, oft genug begleitet von ungeheurem Leid und unvorstellbarer Grausamkeit (Kolonialismus!). Andererseits schuf es die Grundlage für einen ungeheuren materiellen Wohlstand und Gesellschaftszustände, die frühere Generationen und antike oder mittelalterliche Kulturen womöglich als paradiesisch empfunden hätten.
Was hat die Menschen in Europa bewogen, an einem bestimmten Abschnitt ihrer Geschichte einen derart anderen Pfad einzuschlagen? Die Antwort ist für uns eine möglicherweise gute Lektion dafür, wie vermeintlich kleine Entscheidungen über viele Jahrhunderte hinweg große gesellschaftliche, wirtschaftliche und technologische Umwälzungen nach sich ziehen können.
Ab dem frühen 4. Jahrhundert erließ die damals noch vereinte christliche Kirche eine Reihe von Ge- und Verboten, welche nach und nach alle innerfamiliären Ehen als inzestuös brandmarkten. Uns sind diese Werte mittlerweile so in Fleisch und Blut übergegangen, dass beispielsweise kaum ein europäischer Mann die Frau seines verstorbenen Bruders heiraten würde, obwohl sie miteinander gar nicht blutsverwandt sind.
Diese rigiden christlichen moralischen Werte (nicht selten mit drakonischen Strafen bis hin zur Todesstrafe durchgesetzt) schwächten über viele Jahrhunderte hinweg die traditionellen, gewachsenen, weitverzweigten Familien- und Clanstrukturen, welche bis dahin das soziale Leben und die Wirtschaft der damaligen Kultur dominiert hatten. Denn gleichgültig nach Qualität oder Preisgestaltung einer Ware, wurde z.B. Handel fast ausschließlich innerhalb der Verwandtschaft oder eines Clans betrieben. Als jedoch die Verwandtschaften schrumpften, und mit ihnen auch die Märkte, mussten Handwerker und Kaufleute andere Wirtschaftswerte etablieren: Durchgesetzt hatte sich eine Mix aus Qualität und niedrigem Preis, womit die Basis für die moderne Marktwirtschaft geschaffen war.
Man kann den alten Kirchenvätern und ihren Nachfolgern keine schlechten Absichten unterstellen, höchstens den Zwang, mit dem sie ihre ethischen Reformen durchsetzten. Die Folgen waren für sie nicht nur nicht absehbar, sondern auch schlicht nicht vorstellbar. Denn ironischerweise führten sie nach vielen Jahrhunderten zu einer gravierenden Schwächung ihrer eigenen gesellschaftlichen Position…
Können wir etwas daraus lernen, außer, dass selbst kleine Veränderungen unvorsehbare Auswirkungen haben können? Ohne die alten Kirchenväter hätte sich beispielsweise der Individualismus als gesellschaftlicher Wert nicht im erfolgten Ausmaß etablieren können (auch das eine Besonderheit europäisch geprägter Kulturen).
Mir selbst kam spontan als Antwort auf diese Frage die erneute Wichtigkeit zwischenmenschlicher, oder vielmehr, zwischenkreatürlicher Werte in den Sinn. Denn mit dem Verlust der alten Clan- und Familienstrukturen gewannen wir zwar ein Bewusstsein für Individualität und die Wichtigkeit der Eigen- und Selbstentfaltung, verloren aber gleichzeitig viel an Sinn für zwischenmenschliche Qualität und Solidarität. Gleichzeitig etablierten sich humanistische Grundwerte als wesentliche Grundlage menschlicher Gesellschaften – zumindest im Gesetz.
Wir sind allerdings an einem Punkt angelangt, an dem wir nach und nach merken, dass wir nicht nur als bezugslose Individuen verloren sind, sondern auch als Gesellschaften, die den Bezug zur Natur verlieren. Meiner Ansicht nach wäre es daher wichtig, Gesellschaftswerte zu etablieren, die ein ethisches Miteinander über die menschliche Spezies hinaus ausdehnen und verankern. Trans-Humanismus nicht durch technische Optimierung des Menschen selbst, sondern durch eine Übertragung ethisch-humanistischer Grundregeln über die Grenzen unserer Spezies hinaus. Anfänge dazu sind bereits spürbar, etwa in der Zunahme vegetarischer, flexetarischer oder veganer Ernährung.
Um einen Sprung in eine imaginäre Zukunft zu machen: Stellen Sie sich eine Welt vor, in welcher Massentierhaltung als ähnliches Verbrechen gesehen und geahndet wird, wie die Konzentrationslager des 2. Weltkrieges. Stellen Sie sich eine Welt vor, in welcher die Schlachtung eines Huhns oder Rinds gleichgesetzt wird mit dem Mord oder der Hinrichtung eines Menschen. Stellen Sie sich eine Welt vor, in welcher die Fällung eines Baumes oder die Ernte eines Weizenfeldes von einer Zeremonie begleitet wird, die einem heutigen Begräbnis entspricht.
Wir wissen ebenso wenig, ob ein solches Szenario Wirklichkeit wird, oder doch die Verschmelzung von Mensch und Maschine. Sogar beides gleichzeitig ist denkbar – oder gar das Lostreten einer posthumanistischen Evolution von Maschinen, die sich unabhängig von uns vollziehen, oder uns sogar auslöschen könnte.
Der Punkt ist: Wir wissen es nicht. Wir wissen es einfach nicht. Was uns trotzdem nicht davon abhalten sollte, weiterhin über die Zukunft zu reflektieren.
Und wir sollten auch weiterhin kritisch hinterfragen, wer wir sind, warum wir so sind, und ob wir es nicht vielleicht besser können. Und wir sollten uns fragen, ob unsere ethischen und moralischen Grundsätze wirklich nur für uns gelten, oder nicht auch für andere Lebewesen und unsere Beziehung zu ihnen.
Denn die Grundlagen einer jeden ethischen Haltung ist die Achtung, Würdigung und Wertschätzung jedes Lebens. Nicht nur wir sind Individuen, alle Lebewesen sind es. Jede Existenz hat einen Eigenwert, der anerkannt, geschätzt, respektiert und auf seine Weise gewürdigt gehört.
Bauen wir unsere Entscheidungen auf diese Basis, und stellen Genußsucht, Selbstbezogenheit und Egozentrik etwas zurück, so können wir zumindest sicher sein, eine, wenn schon nicht längere, so doch in jedem Falle glücklichere Existenz leben zu können. Bauen wir unsere Entscheidungen hingegen – so wie bisher – mehr auf Anthropozentrik, Eigennutz und Konsum, so können wir trotz vielleicht längeren Lebens sicher sein, eine unglücklichere, von Sorgen, Ängsten und Selbstisolation geprägte Existenz zu leben und zu erleiden.
Haben wir daher den Mut, das Leiden in der Welt zu mindern, und nicht zu mehren.
Ich danke Ihnen!

Philipp Kronbichler
Musiker, Pianist

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